Malerin, Schriftstellerin, Illustratorin: Die Finnin Tove Jansson war ein kreatives Multitalent. Bekanntheit erlangte sie vor allem durch die Geschichten der Mumins.

Schon früh wollte Tove Jansson unbedingt Künstlerin werden. Sie richtete ihr Leben danach aus und sollte dann tatsächlich lange Jahre als produktive und erfolgreiche Malerin aktiv sein. Wir jedoch kennen sie in erster Linie als Autorin, Illustratorin und Comic-Künstlerin und vor allem als Schöpferin der Bücher über das Mumintal. Insofern hat ihre internationale Berühmtheit etwas, das für sie selbst viele Jahrzehnte größte Bedeutung hatte, zum Teil verdeckt.

Als Tochter des Bildhauers Viktor Jansson lernte sie schon als Kind, mit Kunst zu leben. Auch konnte sie ihrer Mutter Signe Hammarsten-Jansson beim Entwerfen von Briefmarken, Buchcovern und Illustrationen zusehen. Zuhause entstand zu jeder Zeit Kunst. Kunst und Leben waren nicht getrennt, sondern Dinge, die ganz natürlich zusammengehörten. Toves erste und wichtigste Lehrerin war ihre Mutter, sie lernte das Zeichnen sozusagen auf deren Schoß. Sie verfügte über ein immenses technisches Können, und ihre lebendigen und mühelosen Linien waren schon im Entstehen perfekt. Das ist ein Grund dafür, dass die Mumins noch immer -- und immer mehr -- geliebt werden.

Die ersten Mumin-Büchern als Versinnbildlichung des Kriegs

Tove Jansson erhielt eine umfangreiche Ausbildung in ihrer Heimat und im Ausland. Zuerst studierte sie in Stockholm, dann in Helskini, später in Paris. Sie reiste viel in ganz Europa herum und besuchte mit Vorliebe Museen. In dieser Zeit galt sie als kühne und vielversprechende Malerin. Ihre Gemälde der 1930er-Jahre strahlen etwas ziemlich Unwirkliches, geradezu Eigenartiges aus, denn es scheint, als ob in ihnen jederzeit alles passieren kann. Diese Werke sind vom Surrealismus beeinflusst, bezeugen jedoch zugleich, dass die Künstlerin das Erzählen von Geschichten faszinierte -- vorzugsweise von geheimnisvollen, verwunschenen Geschichten.

Der Zweite Weltkrieg wirkte sich stark auf Janssons Leben aus, doch wollte sie ihn nicht zum Thema ihrer Malerei machen. Stattdessen konzentrierte sie sich, als Gegengewicht zur die Zeit beherrschenden Angst, auf Stillleben mit wunderbaren Blumen. Mit ihren Geschichten über das Mumintal, die sie damals zu schreiben begann, verfolgte sie dasselbe Ziel -- der Düsternis zu entfliehen. Die Ereignisse in den ersten Mumin-Büchern können auch als Versinnbildlichung des Kriegs gedeutet werden.

Am meisten interessierte sie das menschliche Gesicht

Durch den Verkauf von Gemälden und Illustrationen hatte sie ein regelmäßiges Einkommen, zudem verdiente sie gut mit dem Entwerfen von Dingen wie Weihnachtskarten. Doch ihre hauptsächliche künstlerische Tätigkeit bestand im Zeichnen von Illustrationen für Zeitschriften und Zeitungen. Insbesondere diejenigen für die finnisch-schwedische Satirezeitschrift "Garm" waren kühn und sogar waghalsig: Wenn der Krieg anders ausgegangen wäre, wäre ihre scharfe Kritik an Stalin und Hitler tödlich gewesen.

Janssons künstlerisches Werk war eng mit dem eigenen Leben verwoben und erwuchs aus ihrer Persönlichkeit, was für ihre Gemälde ebenso zutraf wie für ihre Romane und die Mumins. Am meisten interessierte sie das Thema des menschlichen Gesichts. So zählen zu ihren interessantesten Arbeiten ihre Selbstporträts, wie "Selbstbildnis mit Luchskollier" [Finnisch: "Ilvesboa (Omakuva)"] von 1942, und Bilder der eigenen Familie, wie "Die Familie" aus demselben Jahr. In derselben Zeit wie das letztgenannte Gemälde entstand auch die Familie der Mumins.

Die wichtigsten Aspekte ihres Talents -- Bilder und Worte

Sie zeichnete ihre wunderbaren Bilderbücher "Mumin, wie wird's weiter gehen? Ein Buch mit Mymla, Mumin und der kleinen My" (schwedischsprachige Erstausgabe 1952) und "Wer tröstet Toffel?" (erstmals 1960) und schrieb auch zahlreiche Bücher mit den Mumins. Dass diese Phase sehr anstrengend war, mag auf den inneren Konflikt zurückzuführen sein, der Jansson nun plagte -- die schwierige Frage, in welche Richtung sie ihre künstlerischen Ambitionen lenken sollte: zum Malen, Illustrieren oder Schreiben? Für eine so vielseitig begabte Persönlichkeit war dies nur schwer zu entscheiden. Finanzielle Überlegungen, das heißt Geldmangel, trugen dazu bei, dass sie einen Vertrag mit dem Londoner "Evening News" abschloss, Comics zu zeichnen, was zugleich bedeutete, sich einem Genre zu widmen, in dem sie die beiden wichtigsten Aspekte ihres Talents -- Bilder und Worte -- vereinen konnte.

Das Ergebnis war mehr als die Summe der Einzelteile. Sieben Jahre später wollte Jansson keine Comics mehr zeichnen, sondern entschied sich, ernsthaft zu malen. Nur hatte sich inzwischen die Welt der Kunst gewandelt, und die meisten jüngeren Künstler malten abstrakt. Für Tove Jansson, die in ihren Bildern mit Leidenschaft Geschichten erzählte, war es nicht leicht, das Gegenständliche hinter sich zu lassen. Mehr und mehr, und sehr gerne, widmete sie sich dem Schreiben für Erwachsene. Und natürlich erforderten die Mumins einen Großteil ihrer Zeit und Energie mit all den Filmen, Theateraufführungen, Büchern und neuen Übersetzungen, die entstanden. Als eine Art Schwanengesang für ihr künstlerisches Werk könnte man den Parisaufenthalt des Jahres 1975 bezeichnen. Damals schuf sie wunderbare Werke wie das Porträt ihrer Lebensgefährtin Tuulikki Pietilä, eine Anzahl von Stillleben und insbesondere das lebendige und überzeugende Selbstporträt, das sie im Alter von 61 Jahren zeigt -- ein Alter, in dem sie anscheinend alles vom Leben gesehen und verstanden hatte.

Tuula Karjalainen, geboren 1942, ist Kunsthistorikerin und Sachbuchautorin und war u.a. Leiterin des Kunstmuseums Helsinki und des Kiasma-Museums für zeitgenössische Kunst. Sie promovierte über die Anfänge der abstrakten Malerei in Finnland und war als Forscherin, Universitätsprofessorin und Kuratorin zahlreicher Ausstellungen tätig. 2014 verantwortlich für die große Tove Jansson-Jubiläumsausstellung am Ateneum-Museum Helsinki. In diesem Jahr erschien ihr ausgezeichnetes Buch "Tove Jansson - die Biografie" zum 100. Geburtstag der Künstlerin.