Woher kommt der Black History Month und was war die Idee dahinter? Von der Dezen­trie­rung euro­päi­scher Geschichte, gesellschaftliche Verantwortung und Widerstand.

Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland vermehrt Veranstaltungen im Rahmen des Black History Month, meistens organisiert von Schwarzen Organisationen, Einzelpersonen oder interessierten Institutionen. Mit diesen Veranstaltungen drückt sich eine Anerkennung der Relevanz von Schwarzer Geschichte und Schwarzen Lebens in Deutschland aus. Obwohl der Ursprung des Black History Month im US-amerikanischen Kontext zu verorten ist, kann eine grundsätzliche Gemeinsamkeit in der Kritik an weißer und eurozentrischer Geschichtsschreibung festgestellt werden.

Auf den ersten Blick erscheint der Begriff „Black“ als ein Zusatz zur „allgemeinen Historie“ – als würde lediglich eine weitere Perspektive die tradierte Geschichtsschreibung ergänzen. Jedoch fehlt in dieser Deutung eine fundamentale Auffassung darüber, wie Geschichte entsteht und bis dato entstanden ist und wer an der Setzung dieser Geschichtsschreibung beteiligt ist. Dies mag sich wie eine theoretische Debatte anhören, aber tatsächlich liegt der Ursprung des Black History Month in der Kritik an der gewaltvollen und tödlichen Realität von Schwarzen Menschen in den USA.

Die Grundidee lag nicht in der Anerkennung von Schwarzer Geschichte mit ihren großartigen Errungenschaften, um sich der weißen- und eurozentrischen Geschichtsschreibung zuzuordnen, sondern die Idee speiste sich primär aus der fundamentalen Notwendigkeit heraus, Schwarze Menschen als zugehörig zur Menschheit zu betrachten. Denn in der Zeit als Carter G. Woodson mit der „Association for the Study of Negro Life and History“ (ASHL) den Entschluss fasste, die damals noch „Negro History Week“ genannte Initiative im Jahre 1926 zu begründen, herrschte noch eine gesellschaftliche und institutionelle Dehumanisierung und Dethematisierung Schwarzen Lebens. Hinzu kamen die regelmäßigen Angriffe und Lynchmorde in den USA. Somit setzte sich auch nach der Abschaffung der Versklavung eine ideologische und materielle Segregation sowie Auslöschung Schwarzen Lebens fort.

Mit den Jahrzehnten entwickelte sich die Ausrichtung des Black History Months von einer nationalen hin zu einer globalen Bewegung, in der die historischen, politischen und kulturellen Leistungen Schwarzer Gesellschaften in den Fokus gerückt wurden. In diesem Sinne muss auch der Kontext von weißen und westlichen Staaten eine besondere Berücksichtigung finden. Oftmals wird in westlichen Staaten die Geschichte und der Widerstand Indigener, Schwarzer und marginalisierter Menschen systematisch ausradiert oder als irrelevant für die Staatsgeschichte und das gesellschaftliche Bewusstsein betrachtet, obwohl durch Kolonialismus und Kapitalismus ein klares Machtverhältnis auf Kosten marginalisierter Communities entstanden ist.

Charles Henry Alston, CARTER G. WOODSON - TEACHER, HISTORIAN, PUBLISHER, Image via WikiCommons

Der deutsche Kolonialismus und seine Gräueltaten erfährt sowohl im schulischen Lehrplan als auch in der deutschen Geschichtsschreibung kaum Beachtung. Zusätzlich befinden sich in europäischen Universitäten, Museen und Privatsammlungen Objekte und sogar menschliche Gebeine von afrikanischen Gesellschaften, die in der Kolonialzeit geraubt und angeeignet wurden.

Mittlerweile gibt es einige wenige universitäre Lehrpersonen, Historiker*innen und Schwarze Organisationen, die eine nachhaltige Aufarbeitung fordern und vereinzelt daran forschen. Doch das ist nicht genug – es erfordert den Willen zur Aufarbeitung und Restitution dieser Raubgüter. Darüber hinaus wird eine Veränderung des westlichen Selbstbildes benötigt, um eine langfristige und strukturelle Aufarbeitung, Rückgabe und Wiedergutmachung sowie Dezentrierung europäischer Geschichtsschreibung zu erwirken. Mit dem Black History Month besteht die Möglichkeit einen Impuls für eine aufarbeitende und erinnerungspolitische Richtung zu setzen, aber auch die Verflechtung und Vielstimmigkeit Schwarzer Geschichte und Schwarzen Lebens ins gesellschaftliche und kulturelle Bewusstsein zu tragen. Schließlich wurde Widerstand von unterdrückten Menschen angeführt, die stets das Fundament zur Freiheit für die Menschheit gelegt haben.

BLACK HISTORY MONTH

Februar ist #BLACKHISTORYMONTH: Dies nehmen wir zum Anlass, aktuelle Debatten und Positionen auf dem SCHIRN MAG in den Blick zu nehmen und Schwarze Akteur*innen in der Kunst- und Kulturszene in den Fokus zu stellen.

SCHIRN MAG