Multitalent Shoo bringt Kindern und Jugendlichen das Tanzen bei, veranstaltet Partys mit politischem Anspruch und steht als DJ auf Festival-Bühnen. Ein Besuch in ihrem „Shootudio“.

„Schuhe aus bitte, wenn ihr mein Reich betretet!“ Der freundlichen Ansage folgen wir gerne. Wir sind zu Besuch im „Shootudio“ im Frankfurter Gallusviertel. Shoo hat sich in ihrer Wohnung ein Tonstudio inklusive Gesangskabine eingerichtet. An den Wänden prangen die Konterfeis von Bob Marley und Tupak Shakur. Wir sitzen auf einem bequemen Sofa und trinken Kaffee mit Hafermilch.

Seit 2009 baut Shoo mit ihrer Firma „Baby Shoo Entertainment“ Künstler*innen auf und vermittelt ihnen Auftritte in Clubs, auf Geburtstagsfeiern, Firmenevents oder im Vorprogramm von etablierten Music-Acts. Ihr Tonstudio hat sie vor einigen Jahren exklusiv für die Frankfurter R&B-Sängerin Aylin aufgebaut, damit sie hier ihr Album „Land in Sicht“ aufnehmen konnte. „Als Frauen hatten wir kurz zuvor in der Hip-Hop-Szene einige unschöne Erfahrungen gemacht. Es war uns wichtig, niemanden um einen Gefallen bitten zu müssen und niemandem etwas schuldig zu sein.“ Aktuell nimmt im Studio die Rapperin Azisa neue Songs auf.

Als Frauen hatten wir kurz zuvor in der Hip-Hop-Szene einige unschöne Erfah­run­gen gemacht. Es war uns wich­tig, nieman­den um einen Gefal­len bitten zu müssen und nieman­dem etwas schul­dig zu sein.

Be Shoo
Foto: Neven Allgeier

Shoo ist ein echtes Multitalent: Seit 20 Jahren leitet sie Hip-Hop-Tanzkurse und Workshops für Kinder und Jugendliche. „Wenn ich durch die Stadt laufe, tippen mir oft erwachsene Menschen an die Schulter und sagen: Ich war in deinem Kurs.“ Die Jüdische Gemeinde und der Kinderschutzbund Frankfurt zählen zu ihren Stammkunden. Viele Jahre lang hat sie für das Bornheimer Mädchenkulturzentrum Mafalda gearbeitet. Mädchen zu empowern, ist ihr ein wichtiges Anliegen. „Wenn ich mit meinen Kursen beginne, fordere ich die Kinder auf, sich im Raum zu verteilen. Die Jungs drängen meist nach vorne und setzen dabei oft auch ihre Ellenbogen ein, während sich viele Mädchen zögernd nach hinten stellen. Ich möchte, dass auch sie sich nach vorne trauen.“

Foto: Neven Allgeier
Mehr Raum für Künstler*innen of Color

In einer Ecke lagert DJ-Equipment. Als Tour-DJ hat Shoo im vergangenen Sommer einige Festivals mit der Berliner Künstlerin Aisha Vibes gespielt. Auch im Vorprogramm des Rappers Megaloh sind die beiden zusammen aufgetreten. Ein paar Straßen von ihrer Wohnung entfernt befindet sich das Güneş Theater, wo Shoo zusammen mit einer anderen Aisha – Aisha Camara – die Partyreihe Supa Dupa Fly veranstaltet. Als „Hip-Hop mit politischem Anspruch“ beschreibt Shoo das Konzept. Erklärtes Ziel ist es, Künstler*innen of Color mehr Raum zu geben. Die dritte Ausgabe ist für Ende Juli 2023 geplant.

Mitte der Nullerjahre arbeitete Shoo als Honorarkraft in verschiedenen Jugendeinrichtungen. „Ich war auf dem besten Weg, eine Sozialarbeiterin zu werden“, erzählt sie. An den Wochenenden trat sie als Beatboxerin in Frankfurter Clubs auf. „Irgendwann dachte ich, es wäre doch viel spannender, wenn jemand zu meiner Beatbox singen und jammen würde. Frech wie ich war, habe ich dann einfach angefangen, uneingeladen Leute zu meinen Auftritten mitzubringen. Unser Motto war: Ein Shoo kommt selten allein.“

Foto: Neven Allgeier

Die von Shoo choreografierten Shows vereinten Tanz, Musik und Akrobatik. Der Kreis an Talenten, den sie um sich versammelte, trat bald nicht nur in Clubs wie dem Chinaski und der Roomers Bar auf, wo sie zehn Jahre lang einen festen Live-Musik-Abend bestritten, sondern stand auch gemeinsam auf großen Bühnen – zum Beispiel im Vorprogramm von Hip-Hop-Stars wie Nas, Method Man oder Kool Savas.

Shoo hat sich immer schon gerne darum gekümmert, Dinge zu organisieren. „Hip-Hopper sind oft Chaoten“, sagt sie. „Wenn wir Engagements in anderen Städten hatten, habe ich immer das Auto besorgt und bin auch gefahren." Damals seien sie eine richtige Gang gewesen, erinnert sich Shoo. „Heute sind wir keine feste Gruppe mehr. Irgendwann hat halt das Leben reingehauen. Andere Dinge wurden wichtiger: arbeiten gehen, studieren oder die Schule beenden.“

Foto: Neven Allgeier
Hip-Hop als Sprachrohr

Sie hat sich für einen anderen Weg entschieden. Ihr Studium der Sozialarbeit hat Shoo vor einiger Zeit auf Eis gelegt, weil sie keine Zeit mehr dafür hatte. Hip-Hop ist ihr Business geworden. „Ich bin ein Kind der Neunziger“, sagt Shoo. Es sei eine Zeit gewesen, in der Hip-Hop nicht überall als cool galt. Für ihren Lifestyle sei sie damals nicht selten angefeindet worden. „Niemals hätte ich gedacht, dass ich von dem, was ich mache, einmal leben kann.“ Inzwischen ist Hip-Hop in der Mitte der Gesellschaft angekommen – aber noch immer Vorurteilen ausgesetzt: „Manchmal heißt es pauschal, Hip-Hop sei sexistisch. Natürlich gibt es auch hier Sexismus, aber das ist in allen Bereichen der Gesellschaft der Fall. Mit Hip-Hop habe ich wenigstens ein Sprachrohr und kann dagegen ankämpfen. Das macht mich stärker.“

Es klingelt an der Wohnungstür. Die Rapperin Azisa schaut vorbei, stöpselt ihr Handy in Shoos Musikanlage und spielt einige ihrer Rap-Songs vor. Shoo macht ein paar Tanzschritte. Vor dem Fenster liegt Schnee. So langsam neigt sich nicht nur unser Besuch dem Ende zu, sondern auch das Jahr 2022. Wie feiert Shoo eigentlich Silvester, wollen wir wissen. „Kann ich nicht viel mit anfangen“, bekennt sie. „Draußen ist es kalt, die ganze Welt ist betrunken und alle sind auf der Mission, die beste Party ihres Lebens zu feiern. Diese Mission scheitert so oft. Das frustriert. Da bleibe ich lieber zu Hause. Vom Küchenfenster habe ich einen prima Blick auf das Feuerwerk über der Skyline.“

Foto: Neven Allgeier

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