Seine Bilder wirken natürlich, aus dem Leben gegriffen, zufällig. Und doch unübertrefflich elegant. Richard Avedon war ein Pionier der Modefotografie, viele seiner Bilder gingen ins menschliche Bildgedächtnis ein.

Beim Betrachten der Fotografien Richard Avedons im Kontext der Paparazzi-Ausstellung kann leicht der Eindruck entstehen, sein Stil habe sich von dem der Paparazzi abgeleitet. In Bezug auf die Serie für das Magazin "Harper's Bazaar" stimmt das sogar. Aber eigentlich hat sich der typische Stil Avedons -- das Spontane, Zufällige, teils Verschwommene -- bereits früher entwickelt. Er setzte es als bewusstes Stilmittel ein, während die gleichen Elemente in der Paparazzi-Fotografie aus den Arbeitsbedingungen heraus entstanden sind. Nicht ahnend war Richard Avedon den Paparazzi einen Schritt voraus.

Fotografische Experimente wurden sein Markenzeichen

Bereits in den 1940er-Jahren wurde Avedon Fotograf für das Berühmte Magazin "Harper's Bazaar". Er war der erste Modefotograf, der von seinen Models auch schauspielerische Qualitäten erwartete. Mit ihnen verließ er die Enge des Fotostudios und machte sich in der weiten Welt breit. Fotoshootings an Bahnhöfen und in Zugabteilen, im Zirkus und auf Jahrmärkten, auf Booten und vor den Pyramiden von Gizeh. Er lichtete seine Models beim Lippenstiftauftragen ab, in Gesprächen oder mit leicht glasigem Blick und einem Glas Wein in der Hand. Die Situationen wirken natürlich, aus dem Leben gegriffen, zufällig. Das Einzige, was uns skeptisch machen sollte, ist die immer anwesende, unübertreffliche Eleganz. Vor allem in der Bildern der 50er- und 60er-Jahre. Aber, ach ja, man hat ganz vergessen, es ist ja Modefotografie. Eines von Avedons berühmtesten Bildern ist sicherlich das US-amerikanische Fotomodell Dovima in einer Robe von Dior, stehend zwischen zwei Elefanten, von 1955.

Richard Avedon, 1923 in New York City geboren, war schon früh von der Fotografie begeistert. Als Zwölfjähriger war er Mitglied des Kamera Clubs der Young Men's Hebrew Association. Noch während seines Studiums trat er 1942 bis 1944 bei der Handelsmarine in die fotografische Abteilung ein. Neben dem Anfertigen von Passbildern hatte er Zeit für fotografische Experimente, die schon sehr bald sein Markenzeichen zu Tage förderten: den "Blurr-Effekt". Viele Bilder Avedons sind in Teilen leicht verschwommen und nur das Hauptmotiv, etwa ein Kleid, ist scharf. Avedon wurde Berufsfotograf und begann nach seiner Ausmusterung bei "Harper's Bazaar". Alexey Brodovitch, der damalige künstlerische Direktor des Magazins, förderte das Talent des jungen Avedon und in kürzester Zeit avancierte er zum berühmtesten Modefotografen der Welt.

Avedon vermischte geschickt Fiktion und Realität

Für "Harper's Bazaar" entstand auch die Serie, die in der Ausstellung "Paparazzi!" zu sehen ist. Sie wurde 1962 in den Straßen von Paris aufgenommen und nimmt deutlich Bezug auf die Affäre Liz Taylor's mit Richard Burton. Avedon arbeitete mit zwei Schauspielern, die allgemein bekannte Szenen des Paares nachstellten. Dabei vermischte er geschickt Fiktion und Realität. Auf einem Foto ist neben dem Paar eine Krankenschwester zu sehen. Avedon beauftragte sie, das Paar aus dem Krankenhaus zu begleiten. Dass sie Teil eines Fotoshootings war, wusste sie nicht.

Das Paar in Abendgarderobe ist umzingelt von Paparazzi -- echten Paparazzi! Avedon rief die Fotografen an und sagte ihnen, dass abends ein berühmtes Paar im Pariser Maxim essen würde. Die Paparazzi kamen (scheinbar nicht hinterfragend, wer dieses Paar ist) und wurden so, wie die Krankenschwester, unwissend Teil des Fotoshootings. Avedon war in seinen Bildern um maximale Authentizität bemüht, dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Kunst und Kommerz. Gut funktioniert das mit schauspielernden Models, besser mit Protagonisten, die unwissend in ein Fotoshooting „geschleust" werden -- mehr Echtheit ist kaum möglich. Die Schauspielmodels, die in dieser Serie Taylor und Burton imitierten, stellten auch die Szene des heimlichen Kusses nach. Avedon machte das Foto aus größerer Entfernung und zoomte das Paar heran. Sogar Tauben sind ihm ins Bild geflogen.

Heftig kritisiert für farbige Models

Der „Originalkuss" ist ebenfalls in der Ausstellung "Paparazzi!" zu sehen. 1962 entdeckte der Paparazzo Marcello Gepetti Liz Taylor und Richard Burton auf einer Yacht. Beide hatten sich am Set zum Film "Cleopatra" kennen gelernt. Der Kuss auf der Yacht enthüllte die Affäre, ein Skandal, denn beide waren zu diesem Zeitpunkt verheiratet.