Helene Schjerfbeck war ihrer Zeit voraus. Der finnische Lyriker Jouni Inkala beschreibt in seinem Gedicht 'Schjerfbeck' den Zustand ihrer unverstandenen Modernität. Das Schirn Magazin veröffentlicht das Gedicht erstmals in deutscher Übersetzung.

Jouni Inkala

SCHJERFBECK

Vor dem dreiköpfigen Bild, die Finger fleckig

             von dickem Blut. Von Blutfarbe.

Sie lächelte. Als sie das Bild sah,

             damals.

                          Man würde

es nicht verstehen. Nein. Es nicht verzeihen.

                          Begreifen.

Sie am Kreuz. Von dickem Blut befleckt.

             Dreiköpfig. Einer nach rechts starrend,

                          der zweite nach links und der dritte

                                       gerade nach vorne.

             Die Hände an den Zeigefingern an das Kreuz genagelt.

Die Finger länger gezogen als die Arme.

                          Das würde die Welt nicht verstehen.

             Nein. Nicht begreifen. Nicht

                          solche Finger.

                          Nicht solche.

Aus dem Finnischen von Stefan Moster

Jouni Inkala, geboren 1966 im nordfinnischen Kemi, wuchs als Sohn eines Pfarrers an verschiedenen Orten Finnlands auf, besuchte nach dem Abitur zunächst eine Kunsthochschule, wechselte dann aber zum Studium der Literatur und Philosophie nach Oulu und schließlich Helsinki. Er lebt als freier Autor in Helsinki, schreibt Essays, Kolumnen und Theaterstücke, versteht sich jedoch vor allem als Lyriker und scheut sich nicht, in diesem Zusammenhang einen Begriff wie Berufung zu verwenden. Er ist aktives Mitglied des finnischen PEN, pflegt den Austausch mit Kollegen im Ausland und übersetzt ihre Gedichte ins Finnische. Seine Debütsammlung Tässä sen reuna (Hier ihr Rand) erschien 1992 und wurde mit dem Preis des besten literarischen Debüts in Finnland ausgezeichnet. Mittlerweile liegen zehn Gedichtbände von ihm vor, außerdem ist 2007 ein Band mit gesammelten Gedichten aus den Jahren 1992-2007 erschienen.