Im Rahmen der Ausstellung „Privat“ lädt die Kinothek Asta Nielsen zum „Home Movie Day“ in die SCHIRN. Wir sprachen mit Karola Gramann, der künstlerischen Leiterin der Kinothek.

Alle, die älter als 30 sind, erinnern sich noch an diese Heimkino-Abende: Papa schmiss den Filmprojektor an, Mama schmierte Nutellabrote und über die Roll-Leinwand im Wohnzimmer flimmerten Filme aus dem privaten Familienarchiv. Sequenzen von Geburtstagen, Hochzeiten und dem letzten Skiurlaub in Südtirol. Ausschnitte solcher Familienfilme sind auch in der aktuellen SCHIRN-Ausstellung „Privat" zu sehen -- neben zahlreichen zeitgenössischen künstlerischen Positionen zur Wandlung unseres Umgangs mit Privatsphäre innerhalb der letzten fünfzig Jahre.

Tipps zur Digitalisierung und Archivierung

In Kooperation mit der Kinothek Asta Nielsen veranstaltet die SCHIRN anlässlich der Ausstellung den „Home Movie Day". Rund um den Globus wird dieser Tag einmal im Jahr begangen, eigentlich im Oktober. „Da die Ausstellung erst im November gestartet ist, nehmen wir uns aber die Freiheit, flexibel mit dem Termin umzugehen", sagt Karola Gramann von der Kinothek Asta Nielsen. Besucher können am 1. Dezember eigenes, gefundenes oder geerbtes Amateurfilmmaterial in die SCHIRN bringen. Auf Projektoren für die unterschiedlichsten Formate können die Filme gesichtet werden. Außerdem stehen Experten bereit, die den Zustand des Filmmaterials beurteilen und Tipps zur Digitalisierung und Archivierung geben.

„Super 8, Normal 8 oder 16 Millimeter, das sind Materialien, die jemand, der die Filmrollen auf dem Dachboden gefunden hat, unter Umständen gar nicht mehr vorführen kann, weil ihm dazu die Geräte fehlen", erzählt Karola Gramann, „oft sind das aber echte Schätze der Familiengeschichte und ganz tolle Dokumente der Alltagskultur." Die Kinothek Asta Nielsen hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, solche Amateurfilme aus Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet zu archivieren, zu sichern und sie öffentlich zu zeigen.

Unerhört schöne Materialien

Im vergangenen Jahr initiierte die Kinothek den „Home Movie Day" zum ersten Mal in Frankfurt. Einer, der mit einem Karton voller Filmrollen kam, war der pensionierte Richter Heinz Fischer. Sein Vater hatte die Filme in den Jahren kurz vor dem zweiten Weltkrieg gedreht. „Das sind unerhört schöne Materialien. Der Vater besaß einen sehr guten Blick für die Kamera. Außerdem sieht man auf den Filmen die Geschichte einer bürgerlichen Familie in Frankfurt am Main. Die Dokumente sind alltagsgeschichtlich, stadtgeschichtlich, sozialgeschichtlich und familiengeschichtlich sehr interessant", erzählt Gramann. Die Experten der Kinothek rieten Heinz Fischer, die Filme in einem Amsterdamer Labor digitalisieren zu lassen, das auch die Familienfilme des niederländischen Königshauses digitalisiert hat. Anschließend stellte Herr Fischer die Original-Filmrollen dem Archiv der Kinothek Asta Nielsen als Dauerleihgabe zur Verfügung.

Die Archivierung ist wichtig: „Wir kennen das ja alle: Schon in fünf Jahren kann die DVD, auf der die alten Filme digital gesichert wurden, technisch überholt sein. Deshalb muss das Originalmaterial unbedingt aufgehoben werden", sagt Gramann. Am besten sollten die oft fragilen Materialien kühl und ohne große Temperaturschwankungen gelagert werden. Das ist im Archiv der Kinothek Asta Nielsen möglich.

Alte Amateurfilme in der hintersten Schrankecke

Am Abend des „Home Movie Days" in der SCHIRN soll zum Abschluss eine Auswahl der Amateurfilme öffentlich gezeigt werden. Karola Gramann weiß, dass das gemeinsame Anschauen von alten Familienfilmen, denen, die die Filme mitgebracht haben, oft sehr nahe geht: „Das ist schon ein Schritt. Man würde einen Liebesbrief oder ein Tagebuch ja auch nicht so ohne weiteres öffentlich vorlesen. Gleichzeitig kann man dabei aber auch Erfahrungen teilen und neue Erfahrungen machen."

Wer also noch alte Amateurfilme in der hintersten Schrankecke hat oder sich für Alltagskultur und private Familiengeschichten interessiert und dazu Lust auf neue Erfahrungen hat, sollte den „Home Movie Day" nicht verpassen.