Claudia Frick (41), Modedesignerin aus Frankfurt, besuchte die Ausstellung „Esprit Montmartre. Die Bohème in Paris um 1900“ und fühlte sich inspiriert. Warum, erzählte sie im Besucherinterview.

SCHIRN MAG: Wie bist Du auf die Ausstellung aufmerksam geworden?

Claudia Frick: Durch ein Plakat, das mein Freund Jérôme entdeckt hat. Wir führen eine Fernbeziehung. Er lebt in Paris, genauer gesagt in Montmartre, ich wohne in Frankfurt. Als er mich das das letzte Mal besuchte, sah er das Plakat, und er hat mich darauf aufmerksam gemacht. 

SM: Und jetzt bist Du ohne ihn in die Ausstellung gegangen?

CF: (lacht) Ja, aber ich werde mir natürlich noch einmal mit ihm gemeinsam die Ausstellung ansehen.

SM: Das heißt, sie hat Dir gefallen?

CF: Ja, sogar sehr gut. Es ist schön, das Montmartre-Lebensgefühl auch einmal in Frankfurt zu erleben. Dieses Gefühl herrscht an einigen Ecken noch immer in Montmartre -- obwohl das Viertel inzwischen sehr touristisch ist. Ich bin selbst regelmäßig dort. Gerade der Teil am Hügel mit den wunderschönen Ateliers verkörpert den Charme und die Atmosphäre, die der Ort bereits um 1900 besessen haben muss. Montmartre ist durchdrungen von Kunst und Freiheit. Trotzdem ist es sehr dörflich. Die Ausstellung hat mich in die Künstlerszene von damals eintauchen lassen.

SM: Welcher Künstler hat Dich besonders fasziniert?

CF: Ich habe schon seit meinem Modedesignstudium eine Vorliebe für Henri de Toulouse-Lautrec. Er hatte eine sehr lebendige Art, Menschen zu skizzieren, und mir gefallen seine Darstellungen von Frauen. Er zeichnete sie als sehr selbstbewusste, moderne und gleichberechtigte Personen. In der Ausstellung ist es mir immer wieder passiert, dass mich ein Bild besonders fasziniert hat -- und erst auf den zweiten Blick habe ich gesehen: Ah, es ist von Toulouse-Lautrec.

SM: Hast Du ein Lieblingswerk von ihm?

CF: Mehrere. Zum Beispiel „Femme en corset". Darauf ist eine Frau zu sehen, die ihr Korsett öffnet. Neben ihr sitzt ein Mann, der sie beobachtet. Aber man hat nicht das Gefühl, dass die Frau untertan ist. Im Gegenteil: Es ist die Frau, die beherrscht. Oder „La Clownesse assise" -- ein weiblicher Clown in zarten Farben, aber die Strümpfe und die Schuhe sind ganz plakativ schwarz dargestellt. Sie sitzt offen, breitbeinig da und das erweckt einen unglaublich starken Eindruck.

SM: Gibt es Künstler, die du neu für Dich entdeckt hast?

CF: Ich fand die Picasso-Bilder unglaublich schön. Natürlich kannte ich Picasso schon von dem Ausstellungsbesuch. Aber heute habe ich eine neue Seite von ihm kennengelernt. Eine richtige Neuentdeckung war für mich Théophile-Alexandre Steinlen. Für ihn war es wichtig, dass der Mensch im Vordergrund steht. Er beschönigt nichts, sondern zeigt das pralle Leben in allen Facetten.

SM: Du bist Modedesignerin. Hat Dich die Ausstellung inspiriert?

CF: Auf jeden Fall. Mich haben die zarten, pastelligen Farben inspiriert, die mit einem starken Schwarz kontrastieren. Aber auch die Kleidung der Frauen, die auf den Bildern zu sehen sind. In dieser Zeit gab es einen Umbruch: Die Frauen legten ihre Korsette ab und wurden freizügig. Das war ein Grundstein für unsere heutige Garderobe. Da kann man sich Details für die eigene Arbeit herausgreifen.

SM: Wird es in deiner nächsten Kollektion pastellige Korsagen geben?

CF: Mit schwarzen Strümpfen (lacht). Ja, eine schöne Idee!