Am 28. August zeigt die SCHIRN im Double Feature den Film „Llano“ des dänischen Künstler Jesper Just. Im Anschluss ist „Bassae“ von Jean-Daniel Pollet zu sehen.

Langsam streift die Kamera durch die Ödnis. Das Bild zeigt ein verdorrtes, gottverlassenes Stück Land, eingetaucht in das grelle Licht der unbarmherzig brennenden Sonne, ein leichter Windzug umspielt die dürren Sträucher. Auf der Tonspur ist einige Augenblicke später erst leise, dann immer lauter werdend ein Plätschern zu hören und schließlich taucht auch im Bildausschnitt eine Wasserlache auf: Auf verrostete Konservendosen hinab ergießt sich beständig ein leichter Regen. Der Regen entpuppt sich im Laufe des Films als menschengemacht, fließt dieser doch gleichmäßig aus installierten Bewässerungsanlagen. Dieses Bild wiederholt sich im Folgenden an verschiedenen Orten, auf Treppen, Steinmauern, und schließlich auch in dunklen Kellerräumen, in denen die Rohre für die Wasserzufuhr zu verlaufen scheinen.

Ein Ort der nicht tatsächlich existiert

Der gut siebeneinhalb Minuten lange Film „Llano“ (2012) des in New York ansässigen Künstlers Jesper Just wurde in Llano del Rio, Kalifornien, gedreht. 1915 gründete der gescheiterte sozialistische Politiker Job Harriman, der zuvor zweimal erfolglos für das Bürgermeisteramt in Los Angeles kandidiert hatte, dort eine sozialistische Kolonie. 1918 wurde die Kolonie aufgrund der unzuverlässigen Wasserversorgung aufgegeben, einige der Siedler eröffneten später in Louisiana die Kommune New Llano. Geblieben von der sozialistischen Utopie Llano del Rio sind nur noch einige verlassene Ruinen.

Etwa in der Mitte des Films taucht plötzlich eine Frau an eben jenen Ruinen auf. Sie versucht die sich durch den konstanten Regen herauslösenden Steine wieder aufzustapeln und so dem unabdingbaren Verfall Einhalt zu gebieten. In ihrer zwecklos anmutenden Arbeit erinnert sie an das Schicksal des Sysyphus, welcher seine ihm als Strafe der Götter zugeteilte harte Arbeit nie vollenden kann. Hauptdarsteller in „Llano“ ist jedoch nicht diese ihr Schicksal akzeptierende Frau, sondern der Ort selbst. Dieser stellt sich als eine Art „Zwischenort“ dar, dem Künstler nach eine Ruine des Vergangenen, gleichzeitig aber eben auch ein Platz, der nie geworden ist, was er werden sollte, und also nicht tatsächlich existiert. So plätschert das für den Menschen lebensnotwendige Wasser auf Gemäuer nieder, die dem Menschen eigentlich ein Zuhause sein sollten, nun aber nur noch als Selbstzweck existieren. Der Mensch nun ist nur noch dafür da, diesen Ort zu erhalten.

Die Herrschaft der Dinge über den Menschen

Den hochauflösenden, sehr filmischen Bildern in „Llano“ haucht Just durch die langsamen Kamerafahrten ein gespenstisches Grundgefühl ein. Jederzeit erwartet man, etwas Grauenhaftes oder Schockierendes zu erblicken, erinnern diese Fahrten doch stark an Aufnahmen aus Filmen von David Lynch oder Terence Malik, in denen eine langsame Kamerafahrt in der Regel den Blick auf etwas Unheilvolles preisgibt. Jesper Just wurde filmisch von beiden Künstlern stark beeinflusst, und wie diese möchte er in seinen Filmen keine Antworten geben sondern versteht sie eher als Fragestellung an die Zuschauer. Einem größeren Publikum bekannt wurde der 1974 in Dänemark geborene Künstler durch seine Perfomance/Live-Oper „True love is yet to come“, die auf der New Yorker-Biennale „Performa“ aufgeführt wurde.

Thematisch passend wird anschließend „Bassae“ von Jean-Daniel Pollet gezeigt, welchen der Künstler als Lieblingsfilm für das Double Feature ausgewählt hat. In dem 1964 veröffentlichten Film zeigt Pollet Aufnahmen des Apollontempels in der Nähe des griechischen Bassae, welcher zwischen 430 und 420 vor Christi entstand. Der Tempel wurde dem Heilgott Apollon aus Dank vor dem Schutz vor der Pest gebaut. Der Überlieferung nach zeigte Apollon den Bewohnern eines nahe gelegenen Dorfes während der Peloponnesischen Kriege eine Heilpflanze, durch welche diese von der Krankheit geheilt worden seien. Auch der Apollontempel, wie die Ruinen in Llano del Rio, existierten nie wirklich für den Menschen. Von Menschenhand gebaut, überdauern sie das Leben ihrer Schöpfer heute als menschenleere und zweckfreie Ruinen und scheinen so die Herrschaft der Dinge über den Menschen, welcher nun für sie existiert, zu repräsentieren.