In der Filmreihe „Double Feature“ präsentiert der österreichische Künstler Hans Schabus seine neueste Filmarbeit „Lassnitz“.

Hans Schabus zählt zu den bemerkenswertesten österreichischen Künstlern seiner Generation. 1970 in Watschig in Kärnten geborene, hat er sich in seinem bisherigen Werk unterschiedlicher Medien wie der Skulptur, Installation, Collage, Fotografie sowie des Films bedient. Die Arbeiten von Schabus, der bei dem Bildhauer Bruno Gironcoli an der Akademie der bildenden Künste in Wien studierte, beziehen sich stets auf sein unmittelbar psychisches und physisches Umfeld. Sein künstlerisches Vorgehen ist dabei streng analytisch. Die ausgewählten Orte werden mit aufwändigen Recherchen auf ihre geographischen und historischen Dimensionen untersucht, um in einer skulpturalen Überarbeitung eine neue Dimension zu erfahren.

Eine ausrangierte Zugbrücke

Schabus erforscht beispielsweise Höhlensysteme wie die Abwasserkanäle in Wien, die er für „Western“ (2002) mit einem kleinen Optimist-Segelboot durchquert hat. Für die Ausstellung „Astronaut (komme gleich)“ in der Wiener Secession schuf er 2003 eine unterirdische Verbindung zu seinem Atelier, das in der Secession als identischer, wenn auch leerer Nachbau ein räumliches Echo fand. Für internationales Aufsehen sorgte 2005 sein Beitrag „Das letzte Land“ auf der Biennale in Venedig, für die Schabus eine aus Holz und Dachpappe gezimmerte, knapp 20 Meter hohe Bergskulptur über den österreichischen, von Schirn-Direktor Max Hollein kuratierten Pavillon, stülpte. Im Inneren des monumentalen Massivs gliederten labyrinthische Treppenaufgänge den Raum.

Im Rahmen von “Double Feature” stellt Schabus seinen neuesten Film „Lassnitz“ vor, der wie fast alle seine Filmarbeiten in Zusammenarbeit mit seinem Bruder, dem Filmemacher Robert Schabus, entstand. Der 76-minütige Film basiert auf Schabus‘ Beitrag für das Ausstellungsprojekt „raumsichten“ der Städtischen Galerie Nordhorn, wo er die Implementierung einer ausrangierten, aber intakten Zugbrücke vornahm. In der österreichischen Steiermark bei Deutschlandsberg wurde im Schienennetz der Graz-Köflacher-Bahnbetriebe im März 2012 eine Brücke, die den Fluss Lassnitz überspannte, aus technischen Gründen außer Betrieb gesetzt.

Eine 1000 km lange Reise

Die österreichische Privatbahn überließ Schabus die obergurtige Stahlfachwerkbrücke von 1903 unentgeltlich. Die Brücke wurde durch zwei Schnitte an ihren Enden abgetrennt und dann auf eine 1.000 km lange Reise in ein anderes Land geschickt. Am neuen Standort, im Dörfchen Ohne, kreuzte die österreichische Lassnitz dann den Fluss Vechte. Hans Schabus erklärte die Brücke zur Skulptur. Er stellte sie frei und streifte ihren ursprünglichen Standort ebenso ab wie das Verkehrsnetz, an dem sie hing. An ihrem neuen Standort stand die Brücke einfach nur da. Sie war ohne verkehrstechnische Funktion und dennoch verband sie an dieser Stelle die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen miteinander.

Der Film dokumentiert das gesamte Unternehmen dieser aufwändigen Transplantation inklusive einer über 1.000 km langen Reise von Österreich nach Deutschland. Nach der Premiere des Films am 5. September 2012 im 21er Haus in Wien, wo Schabus kürzlich im Rahmen der Neueröffnung des Museums eine große Einzelausstellung zeigte, wird die Schirn Kunsthalle den zweiten Ausstrahlungsort des Films abgeben. Im Anschluss zeigt Schabus den Spielfilm „Wendy and Lucy“(2008). In dem Außenseiterdrama der US-amerikanischen Regisseurin und Drehbuchautorin Kelly Reichardt spielt Michelle Williams eine Obdachlose, die mit ihrem Hund Lucy durch Alaska reist.