In der Filmreihe „Double Feature“ zeigt Annika Ström eine erste Version ihres neuesten Films „The Swede“ mit der schwedischen Schauspielerin Gunnel Lindblom in der Hauptrolle.

Die Kunst von Annika Ström ist aggressiv und schüchtern zugleich, ehrerbietig und schonungslos. Sie hält den Finger in die Wunde, die auch die ihre ist, so als würde sie sich selbst immer wieder daran erinnern, dass es bei all den Strategien und Heucheleien zeitgenössischer Kunst auch um die Möglichkeit einer Sprache geht, die dem Menschsein zuträglich ist und das Leben verbessert. Mit tautologischen Formulierungen, die den Großteil ihrer textbasierten Arbeiten kennzeichnen und die den Unterschied zwischen Autorin und Adressat nivellieren, hält sie der Kunst einen Spiegel vor, welcher gleichzeitig die Kunst ist.

Ein Gemälde? Ein Foto? Ein Lied singen!

Und sie wendet sich damit dem alltäglichen Leben zu, den füreinander unsichtbaren Gedanken zweier Menschen, der vermeintlichen Gemeinsamkeit einer Gruppe und der Hoffnung, die darin steckt, wenn man die gleiche Sprache spricht und so tut, als würde man sich verstehen. In einem ihrer Lieder singt sie (im Original auf Englisch): „Was soll ich heute machen? Eine kleine Zeichnung? Ein Gemälde? Ein Foto? Einen Text schreiben? Was sol lich heute machen? Was soll ich heute machen? Jetzt weiß ich's, ein Lied singen, tra la la la tra la la."

Vielleicht zeichnet sich bei Annika Ström nicht nur die Kunst durch einen fundamentalen Respekt gegenüber dem Anderen aus. Ein Respekt, der das eigene Handeln zwingend mit seiner Bedeutungslosigkeit konfrontiert, sodass die Absurdität und die Komik überwiegen (müssen), ohne den (todernsten) Ernst zu verschweigen. „I Have Nothing To Say" lautet eines ihrer treffsicheren Textgemälde, die sich selbst ad absurdum führen, ohne die Wahrheit zu verschweigen und auch, Rimbaud sei Dank, ohne das Ich zu entlarven. Dass Komik als Waffe benutzt werden kann und Kunst eine Waffe ist, das ist der Künstlerin Annika Ström, ob expressis verbis in dem Textgemälde „This Work Refers To All Male Art" oder auf subtile, kennerische Weise in „This Work Refers To Joseph Kosutt", trotz aller Selbstironie ein wichtiges Anliegen. Ob es allerdings stimmt, dass Annika Ström sich meint, wenn sie schreibt: „I Am A Better Artist Than I Deserve", das muss erst noch bewiesen werden.

Neben Liedern, die mitunter nur wenige Sekunden dauern, produziert Annika Ström Filme, die ebenfalls kurz gefasst sind und innerhalb von ein bis drei Minuten das Wesentliche einer Situation erfassen. Einer ihrer auf Super8 gedrehten Filme handelt beispielsweise von jenen Personen, die ihre Konzerte verpasst haben, weil sie eine halbe Stunde zu spät auf dem Konzert eintrafen. Oder es kommen jene Personen zu Wort, die berichten, dass sie bisher noch in keinem Film von Annika Ström mitgespielt haben oder sie haben doch, wurden aber beim Schneiden des Films wieder herausgenommen.I Have Nothing To SaySie entwirft darüber hinaus auch brauchbare Objekte, etwa Fensterbrettkissen, um beim Aus-dem-Fenster-Gucken die Ellbogen zu schonen, oder sie fertigt Garderobenständer mit Handschuhablagen für Bücher. Dies alles geht von alltäglichen Beobachtungen aus, in denen sich das Duell zwischen Liebe und Scham tröstend auf die Augen legt, zwischen der Nichtigkeit einer jeden Handlung und der Bedeutung, die ihr beigemessen wird -- im besten Fall, versteht sich.

Annika Ström war bereits als Musikerin in der SCHIRN in der Konzertreihe „In Concert" und 2010 mit einem großen Textbanner mit der Aufschrift: „I Would Like So Much To Do A Public Art Work Here" Teil von „Playing the City 2". In der Filmreihe „Double Feature" zeigt sie nun eine erste Version ihres neuesten Films „The Swede" mit der schwedischen Schauspielerin Gunnel Lindblom in der Hauptrolle. Gefolgt von Ingmar Bergmans „Das Schweigen" von 1963, in dem Gunnel Lindblom ebenfalls zu sehen ist.