Frankfurt freut sich auf die große Jeff Koons-Retrospektive: In wenigen Wochen werden seine Werke in SCHIRN und Liebieghaus gastieren. Zeitgleich bereitet Koons eine kolossale Installationen für den öffentlichen Raum in New York vor.

Mit seinen Sujets zwischen Konsum, Pop und Pornografie hat sich Jeff Koons in der Weltrangliste der zeitgenössischen Künstler ganz nach oben katapultiert. Wer einen Koons besitzen will, muss tief in die Tasche greifen. Der US-Amerikaner ist Grenzüberschreiter: Neben den Grenzen dessen, was man gemeinhin als „guten Geschmack" konventionalisiert hat, spielt er gerne mit den Grenzen des Machbaren. Dabei ist er immer wieder für Überraschungen gut und kommt auch mit Ideen auf, die auf den ersten Blick gar nicht in das schrille Koons-Universum passen, wie eine vertikal von einem Kran hängende Dampflokomotive. Das Modell stammt aus dem Jahr 1943 und heißt „Baldwin". Koons wählte für das monumentale Readymade den schlichten Titel „Train".

High Line: blühender Park über der West Side

Eine tonnenschwere originalgetreue Replik des historischen Gefährts soll künftig über einem Teilabschnitt der legendären New Yorker High Line hängen, ab und zu die Räder drehen, hupen und Dampfwolken ausspucken. Ob das realisiert wird, hängt vor allem von der Finanzierung ab, noch ist „Train" nur eine Idee. Aber im Konzeptkunstzeitalter sind Ideen längst selbst Kunstwerke, und Koons Idee ist inmitten all der Konzepte rund um das noch unvollendete Stück der High Line eine mit Wucht.

Die High Line ist eine stillgelegte Hochbahntrasse 30 Meter über den Straßen von Manhattans West Side. Sie wurde in den frühen 1930er-Jahren gebaut, um den gefährlichen Frachtverkehr von den Straßen zu holen, und war fast 50 Jahre lang in Betrieb. In den 1990er-Jahren setzten sich Bürger erfolgreich für den Erhalt der High Line ein und wandelten sie mit der Unterstützung von Landschaftsarchitekten in einen blühenden Park um. Seit Fertigstellung der ersten Abschnitte im Jahr 2009 gilt sie als Paradebeispiel der kulturellen Umnutzung urbaner Strukturen.

Ein Teil der High Line ist noch nicht gestaltet, Koons' „Train" würde dort an die industrielle Vergangenheit des heute hippen Stadtteils erinnern und als historisch aufgeladene Skulptur quasi quer in die Gegenwart schießen. „Die Kraft und die Dynamik von ‚Train' stehen für die flüchtige Energie, die jeden Tag durch die Stadt schnellt," beschreibt Koons selbst seine Idee.

Rund 25 Millionen Dollar dürfte „Train" kosten

Koons' Pläne wurden gerade wieder aufgefrischt, schon 2005 hatte er zusammen mit einem Team die Möglichkeiten geprüft, die Installation in die High Line zu integrieren. Seitdem lag das Vorhaben auf Eis. Neben der High Line interessiert sich auch das Los Angeles County Museum of Art, LACMA, für die Skulptur. Hergestellt werden soll die Replik von einem deutschen Modelleisenbahnbauer, der derzeit Umsetzung, Sicherheitskonzept und Kosten bewertet, die sich laut erster Schätzungen auf rund 25 Millionen Dollar belaufen dürften. Dafür muss sich noch ein Investor finden.

Die Kosten für Installationen im öffentlichen Raum sind oft so gigantisch wie die Ausmaße, doch der Gewinn der Stadt, die als Bühne dient, ist in der Regel noch wesentlich höher. Ein solches Kunstwerk zieht Touristen an, die in Hotels übernachten, shoppen, die Gastronomie nutzen und Kultur konsumieren. Die Freunde der High Line ziehen zum Vergleich eine Installation des Künstlerpaars Christo and Jeanne-Claude heran: „The Gates" im New Yorker Central Park (2005) habe zwar 21 Millionen Dollar gekostet, aber New York schätzungsweise über 250 Millionen Dollar an Umsätzen gebracht.

Wenn es mit der Finanzierung klappt, könnte „Train" künftig beim Flanieren in New York von oben überraschen, auf eine ganz andere Weise als zum Beispiel sein ebenfalls riesiger „Puppy", eine blühende Hundeskulptur vor dem Guggenheim-Museum in Bilbao. Es bleibt spannend in New York.