In der SCHIRN lädt Daniele Buetti Besuchern derzeit zur Meditation in einer Soundinstallation. Bekannt wurde der Schweizer mit verfremdeten Modefotografien.

Mal fließen leuchtende Punkte wie Tränen aus dem Gesicht einer schönen jungen Frau, mal umspielen sie den Kopf wie Heiligenscheine oder überfließen den ganzen Körper wie Goldregen. Oder sie schließen sich zu Buchstaben und poetischen Botschaften zusammen: Is reality an illusion? Is beauty just the promise of happiness? Can beauty transcend culture? Es sind auf Leuchtkästen montierte Fotoarbeiten aus Daniele Buettis Serie „Dreams Result in More Dreams", die er vor 15 Jahren begann.

In Magazinen findet der Schweizer Künstler die makellos inszenierten Gesichter von Models. Dann verfremdet er sie, indem er sie durchsticht oder mit dem Kugelschreiber malträtiert. Schon in den 1970er-Jahren griffen Künstler Bilder aus Werbung, Tagespresse und Lifestylemagazinen auf, um sie künstlerisch zu verwerten. Die „Appropriation Art", Kunst der Aneignung, etablierte sich als Bezeichnung für diese Strategie, die Künstler wie Barbara Kruger, Jack Goldstein oder Richard Prince nutzten. Prince' Aneignung des Cowboys aus Marlboro-Anzeigen wurden legendär. Er fotografierte Ausschnitte daraus ab und präsentierte sie als eigenständige Arbeiten. So hinterfragte er wie einst Marcel Duchamp mit seinen Readymades radikal den Originalitätsbegriff in der Kunst und nutzte die verführerische Bildsprache der Werbung, um Mythen der US-amerikanischen Gesellschaft zu dekonstruieren.

Wenn Buetti Bilder von Models aufgreift und bearbeitet, steckt in dieser Geste auch Kritik an der Gesellschaft und an einer bürgerlichen Vorstellung von Kunst. Mit seiner in den späten 90er-Jahren entstandenen Werkserie „Looking for Love" betrieb er brutal Konsumkritik, indem er Markennamen wie „Gucci" oder „Versace" in die Haut der Supermodels, darunter zum Beispiel Kate Moss und Christy Turlington, regelrecht einritzte -- von hinten mit dem Kugelschreiber. Die Schriftzüge sehen wie vernarbte Tätowierungen aus, wenig poetisch, dafür plakativ.

Ikonen der westlichen Konsumgesellschaft

Subtiler wirken die Arbeiten aus der Werkserie „Dreams Result in More Dreams". Buetti setzt sich darin mit dem Konstrukt Schönheit auseinander, das uns auf den Straßen und in den Medien täglich begegnet. Doch der Künstler nähert sich dem Phänomen dieses Mal auf poetischere Weise. Er inszeniert die Schönen als Ikonen der westlichen Konsumgesellschaft und bezieht sich dabei explizit auf die Ästhetik von Kult- und Heiligenbildern. Zwar zerstört er die Oberflächen von Hochglanzbildern, deren Reiz ja gerade auf Unversehrtheit beruht, doch schafft er mit ornamentalen und synergetischen Bearbeitungen eine neue Qualität, eine Ambivalenz von Kritik und Anziehungskraft.

Buetti will Vordringen zum Betrachter, zu menschlichen Regungen, die alle gemeinsam haben. „Maybe You Can Be One of Us" lautet der Titel einer Monografie, die 2008 anlässlich einer Ausstellung im Swiss Institute in New York erschien. Seine Soundinstallation, bei der Besucher jetzt in der SCHIRN eine angeleitete Farbmeditation mithören, ist eine Erfahrung, die man durchaus miteinander teilen kann. Wie Meditation wirken auch einige von Buettis Modelbildern, wenn zum Beispiel eine junge Frau auf dem Boden liegt und über die eingearbeitete Frage sinniert, woher Stärke komme, von Schmerz oder fehlender Verletzlichkeit. Sie ist dazu verdammt, ewig in dieser fotografisch eingefrorenen Position zu verharren und eine Antwort zu finden.